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Hansa für immer und unendlich

vom 16.12.2019

Die ersten Spiele von Empor Rostock im 1954 eingeweihten Ostseestadion und die „ewigen Zweiten“ in DDR-Oberliga und Pokal. Die Gründung des F.C. Hansa im Jahr 1965, Fahrstuhlsaisons und der Gewinn der letzten ostdeutschen Meisterschaft 1991. Das erste Mal Bundesligafußball mitsamt Auswärtssieg in München, die Schweden-Connection und zehn Jahre erste Liga am Stück. Die Abstiege, die beständige Drittklassigkeit und die ganz großen Talente des deutschen Fußballs.
Walter Barten hat mit seinen 89 Jahren alle Höhen und Tiefen seines Herzensvereins mitgemacht. Er hat der Kogge trotz aller Misserfolge nie den Rücken gekehrt. Einmal Hansa, immer Hansa.
 
Als er im Herbst ins Krankenhaus eingeliefert werden muss und sein Zustand kritisch ist, spricht seine Tochter Marion den Wünschewagen an. Ihr Vater hat noch einen letzten großen Wunsch: Er möchte noch einmal seinen F.C. Hansa spielen sehen. Es dauert nicht lange, bis Datum, Spiel und Ort feststehen. Der Wünschewagen wird Walter dahin zurückbringen, wo er Zeit seines Lebens so gerne war: ins Rostocker Ostseestadion. Als er wenige Tage vor dem Heimduell gegen den MSV Duisburg davon erfährt, dass Matthias Hildebrandt und Susanne Jerke vom Wünschewagen mit ihm zum Spiel fahren werden, kann er sein Glück kaum verbergen. Und auch nicht die Träne zurückhalten, die ihm vor Freude über die Wange läuft.

Matthias und Susi sind für Walter keine Unbekannten. Susi, die hauptamtlich in der Pflege-WG von Walter arbeitet, hatte den Wünschewagen bereits im Frühsommer ins Gespräch gebracht. Doch dem 89-Jährigen ging es damals noch deutlich besser, eine Erfüllung des letzten Wunsches stand nicht zur Debatte. Dafür machten ihm die beiden zunächst eine andere Freude. Walters Lieblingsspieler ist seit Jahren Toni Kroos, der in der Nachwuchsakademie der Kogge ausgebildet wurde, ehe er beim FC Bayern und später bei Real Madrid zum Weltklassespieler und Weltmeister aufgestiegen ist. Als Matthias davon erfährt, wendet er sich an die Toni Kroos-Stiftung und besorgt eine Autogrammkarte mit persönlicher Widmung für ihn.

Ein knappes halbes Jahr später kommt es schließlich doch zur gemeinsamen Wunschfahrt. Am 9. November holen ihn Matthias und Susi in seiner ambulanten Wohngruppe der W&W Pflegedienstleistung in Güstrow ab. In voller FCH-Fanmontur wartet Walter bereits auf seine Wunscherfüller. Tochter Marion und Sohn Jens begleiten ihren Vater zum Hansa-Heimspiel.

Noch vor dem Anpfiff kommt es allerdings zum Schreckmoment für unser Wünschewagen-Team. Unmittelbar vor dem Stadion, auf dem Weg zum Parkplatz, wird ein Radfahrer angefahren. Der Unfallverursacher flüchtet mit seinem Auto. Matthias und Susi reagieren sofort und leisten Erste Hilfe, bis der Rettungsdienst eintrifft und den zum Glück nur leicht verletzten Fahrradfahrer weiter behandelt.
Danach können unsere beiden Samariter sich wieder um Walter und seine Familie kümmern und erhalten schnell Unterstützung von Thomas Weggen. Der Behindertenbeauftragte der Kogge hatte im Vorfeld gemeinsam mit Veranstaltungsleiter Rainer Friedrich alles in die Wege geleitet, was Tickets, Parkplatz und sogar Aufenthaltsraum anging. Letzteres ermöglichte er in Absprache mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), das den Sanitäterraum zur Verfügung stellte.

Nachdem alle Wege klar sind, beziehen Walter und seine Kinder zusammen mit Matthias und Susi ihre Plätze auf der Westtribüne – mit bester Sicht aufs Spielfeld. Zur Hymne „Hansa forever“ zücken sie ihre Schals und singen lauthals mit. Und dann rollt endlich der Ball. Der Moment, auf den Walter wochenlang hingefiebert hatte. Bis zur Pause fällt kein Tor, doch das ist in Ordnung für den FCH. Die „Zebras“ aus Duisburg sind schließlich als Tabellenführer der 3. Liga in die Hansestadt gereist. Walter weiß das natürlich alles und deshalb ist er zufrieden mit der Leistung seines Teams. Doch kurz nach Wiederanpfiff eine bittere Pille für Walter und seinen F.C. Hansa: Der MSV wird seiner Favoritenrolle erstmals gerecht und geht nach 52 Spielminuten in Führung. Aber dann der große Jubelschrei auf der Westtribüne und dazu zwei geballte Fäuste: Hansa gleicht nur 180 Sekunden später aus und hält das Unentschieden bis kurz vor Schluss. Dass Duisburg letztlich doch noch den Siegtreffer erzielt und das gesamte Ostseestadion verstummt, erträgt Walter wie ein wahrer Fan, der schon alles im Stadion erlebt hat: „Wir haben zwar verloren, aber es war trotzdem ein tolles Spiel.“

Ohne Zwischenfälle geht es danach zurück nach Güstrow, wo sich Walter und seine Familie glücklich vom Wünschewagen-Team verabschieden. Die Geschichte ist damit jedoch noch nicht zu Ende. Am 14. Dezember feiert Walter seinen 90. Geburtstag. Und Matthias und Susi sind eingeladen.

Lieber Walter, es war wirklich ein tolles Spiel. Denn wir durften den Tag mit einem außergewöhnlichen und wunderbaren Menschen verbringen. Mit dir.

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